Aus: Die Konstruktion von Unschuld in der
frühen Nachkriegszeit
Zum Schulddiskurs in der DDR
Dijon, 11. Mai 2007
Einleitung
Strategien
Stereotypisierung: antifaschistische
Kämpfer
Enthistorisierung: Nationales Kulturerbe
Idealisierung: Frieden - Freiheit -
Demokratie
Schluss
Einleitung
Wir deutschen Kommunisten erklären, daß auch wir uns schuldig
fühlen, indem wir es trotz der Blutopfer unserer besten Kämpfer ..
nicht vermocht haben, die antifaschistische Einheit .. entgegen
allen Widersachern zu schmieden. (KPD 1945, S. 16)
Kommunistische Schuldanalysen münden nicht zuletzt in
Schuldbekenntnisse, z.B. abgelegt im zitierten Gründungsaufruf der
kommunistischen Partei aus dem Jahr 1945. Kommunistische
Schuldbekenntnisse benennen auch die Konsequenz: auch den deutschen
Hitlergegnern [fällt] ihr Teil der Verantwortung zu für die
Kapitulation ihres Volkes vor Hitler im Jahre 1933 erkennt Alexander
Abusch (Abusch 1946, S. 256f.). Wir sehen also: Es gibt
Schuldanalysen kommunistischer Provenienz und diese Analysen ergeben
durchaus Schuldbekenntnisse. Gleichzeitig gelingt es kommunistischen
Zeitgenossen der frühen Nachkriegszeit, die DDR als nicht zuständig
auszuweisen, Unschuld zu konstruieren.
Strategien
Die Schuld-Konzeption der DDR ist Ergebnis von Geschichtsselektion -
ich zitiere Peter von Polenz: "Im Sozialistischen Arbeiter- und
Bauern-Staat wurde der Hitler-Faschismus aus marxistischen
Entwicklungsgesetzen der bürgerlichen Gesellschaft, des Kapitalismus
und Imperialismus erklärt, nicht aus dem spezifisch deutschen
Nationalismus, so daß ein Bewußtsein von Vergangenheit und Schuld
für die DDR-Bevölkerung nicht in Betracht kam, also ideologisch
allein der BRD und den Westdeutschen zugeschoben wurde" (v. Polenz
1999, S. 558). Es ist ausgemacht: Einen bekennenden Schulddiskurs
hat es in der DDR (in die ich die SBZ einbeziehe) nicht gegeben.
Wenn man über Schuld nachgedacht hat, dann nicht in Kategorien von
Schuldeinsicht, aus der sich dann entsprechendes politisches und
gesellschaftliches Handeln abgeleitet hätte, sondern in Kategorien
von Schuldabwehr. Im Folgenden gilt es den sprachlichen Nachweis zu
führen; zu zeigen, wie diese Geschichtsselektion sich sprachlich
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