Jahr 1946 erscheint. Er findet Beachtung, zumal bei den berühmten
Emigrantendichtern Thomas Mann ("Es ist viel Innigkeit und lautere
Bewunderung Gottes in Ihren Worten.") und Hermann Hesse - ihre
Briefe an Einstein sind in seinem Nachlass aufbewahrt. Es folgen die
Novelle Sirda, die Erzählung Thomas und Angelina (1949), Das
Schilfbuch (1949), die Gedichtsammlung Das Wolkenschiff (1950) - als
produktivste Zeit seines dichterischen Schaffens müssen wir die
ersten Nachkriegsjahre betrachten, vor seiner Remigration von der
Schweiz in die Bundesrepublik im Jahr 1953.
,Ich habe ein Leben lang gedichtet' - Dichten ist ihm Auftrag und
mit Auftrag überschreibt er ein Gedicht in der Sammlung Das
Wolkenschiff: "Präg neue Worte, Dichter! / Aus dem abgegriffenen
Gold / stanze funkelnde Gebilde, / wirf ins Dunkel grelle Lichter, /
schleudre Flammen in die Nacht! // Reiß die morschen Mauern nieder,
/ Gottes Auftrag zu bestehn! / Worte werden nicht geboren / bei
Glyzinen und bei Flieder: / Unter Qualen reift ein Wort. // Preis
der Seele rote Schmerzen / und die heilige Minute, / da ein
Zuckendes sich löst / dir vom überwachen Herzen: / einer Silbe
weißer Leib."
Einstein beschreibt hier den dichterischen Prozess, die
Produktionsphase des Kunstwerks - "Gottes Auftrag" zu erfüllen ist
quälerisch, so haben es die Dichter zu allen Zeiten empfunden und
beschrieben, Einstein ist da keine Ausnahme: "Unter Qualen reift ein
Wort" - Einstein ringt mit der Sprache, wie Dichter tun, sie tun es
in Einsamkeit, ein Tagebucheintrag von 1951 thematisiert diese
Einsamkeit: "Nicht einmal meine besten Freunde wissen, wie qualvoll
dieses Suchen - ich möchte es ein fanatisches Suchen nennen - nach
sprachlichem Ausdruck ist. Um eines Eigenschaftswortes willen, das
Näheres über die Gebärde einer Liebenden aussagen soll, kann ich von
Mitternacht bis Sonnenaufgang liegen und mir das Mark meiner Seele
zerquälen."
Dieses Thema ist dargestellt in der Erzählung Thomas und Angelina:
"Das mit dem Niederschreiben ist .. eine traurige Sache. Man hat
einen Gedanken, einen, von dem man sagen könnte, er sei schön
gewachsen. .. ein schlanker und wohlgestalter Gedanke, der ganz
unerwartet und plötzlich über den Rand der Schale hinaufsteigt, in
der die Seele lebt. Er will also hinaus, weg von dir, der
ungeduldige Gedanke. Dagegen wäre nichts einzuwenden. Aber nun kommt
das Traurige an der Geschichte. Dieser wunderschöne und stolze
Gedanke verlangt nämlich nicht mehr und nicht weniger, als von
deiner Hand niedergeschrieben zu werden - mit Bleistift oder Feder,
auf weisses oder blaues Papier. Und noch während du ihn aufs Papier
setzest, mußt du erkennen, wie plump und häßlich er sich dort
ausnimmt." (Thomas und Angelina S. 26f.)
Dem Kampf mit den Wörtern steht entgegen die Ehrfurcht vor dem
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