Teildisziplin, die als Psycholinguistik zu dem Kanon linguistischer
Erkenntnisziele gehört. Das Werk Sigmund Freuds wurde in dem Sinn in
die Sprachgeschichte eingeordnet, als der Einfluss der
psychoanalytischen Terminologie auf die Allgemeinsprache von Peter
von Polenz sprachhistorisch verbucht wurde. Die Herkunft von Teilen
dieser Terminologie aus dem naturwissenschaftlichen Inventar von
Chemie, Biologie und Physik wurde von Uwe Pörksen festgestellt,
Freuds Wissenschaftssprache - als "Verbindung eines
quasinaturwissenschaftlichen Sprachtyps mit dem literarischen" -
wurde, wiederum von Pörksen, erkannt. Die literarische Sprache
Freuds ist bewiesen, denn seine Schriften enthielten "klare
Anzeichen dafür, daß sich ihr Verfasser .. als Herr über die Sprache
fühlt" - Walter Muschg stellt dies 1930 - also noch zu Lebzeiten
Freuds - fest. In diesem Sinn wurde das Werk akribisch analysiert
von Walter Schönau - "die Bewunderung für die literarische Leistung
Freuds" ist des Verfassers Motiv und seiner Arbeit Erkenntnisziel:
den Topos von der stilistischen Meisterschaft Freuds
wissenschaftlich "mit dem Begriffssystem der literarischen Rhetorik"
zu fundieren.
Folgendes ist gedacht als ein Beitrag zur
Sprachbewusstseinsgeschichte - ein Untersuchungsaspekt, welcher
heute zunehmend Aufmerksamkeit erfährt, welcher aber für das späte
19. Jahrhundert längst etabliertes Erkenntnisinteresse der
Sprachgeschichte ist. Bereits Hugo Moser hat gesteigertes
Sprachbewusstsein als Epochenmerkmal der Jahrhundertwende
ausgemacht. Und Sprachskepsis, Sprachkrise, Sprachverzweiflung,
Sprachkritik und puristische Sprachpflege, Schiller-Imitation und
der Sprachstil des Journalismus sind von der
Sprachgeschichtsschreibung festgeschriebene Namen und Erscheinungen
der Sprachbefindlichkeit um 1900. Insgesamt gilt die "bürgerliche
Sprache" des 19. Jahrhunderts in der Formulierung Peter von Polenz'
als "ein spezifisch (bildungs)bürgerliches sprachreflexives
Verhalten". Auf dieser Folie sei das Sprachdenken Sigmund Freuds
überprüft und eingeordnet. Dazu will ich zunächst wenige ausgewählte
Elemente der psychoanalytischen Lehre Sigmund Freuds als
Manifestationen seines Sprachdenkens rekonstruieren.
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