Aus "Stehst mit höhern Geistern du im
Bunde?" - Leitbegriffe des Schillerschen
Frauenbildes (2006)
"Eine Frau, die ein vorzügliches Wesen ist, macht mich nicht
glücklich"
diese Überzeugung äußert Schiller im Zuge seiner Brautschau (in
einem Brief an Körner vom 7. Januar 1788). Wir wollen nicht nur
diesem ,vorzüglichen' Wesen, sondern überhaupt der Frau in der
Schillerschen Wahrnehmung und Gestaltung auf die Spur kommen, indem
wir fragen, wie Schiller über Frauen redet, um ,Leitbegriffe des
Schillerschen Frauenbildes' zu erarbeiten.
,Leitbegriffe des Schillerschen Frauenbildes' - der Untertitel
dieses Beitrags weckt Assoziationen, die viel mit berühmten Versen
von Gedichten Schillers zu tun haben: "Ehret die Frauen, sie weben
und flechten himmlische Rosen ins irdische Leben" usw. (Würde der
Frauen), oder "Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau" usw. (Lied
von der Glocke), oder: "Wer ein holdes Weib errungen mische seinen
Jubel ein" usw. (An die Freude). Man denke auch an die an Charlotte
von Lengefeld gerichteten Räsonnements:
"mir kommt vor, daß die Frauenzimmer geschaffen sind, die liebe
heitre Sonne auf dieser Menschenwelt nachzuahmen und ihr eigenes und
unser Leben durch milde Sonnenblicke zu erheitern. Wir stürmen und
regnen und schneien und machen Wind, Ihr Geschlecht soll die Wolken
zerstreuen, die wir auf Gottes Erde zusammengetrieben haben, den
Schnee schmelzen und die Welt durch ihren Glanz wieder verjüngen."
Und dann die Mahnung an Charlotte, diese Pflichtzuweisung ja als
Huldigung zu verstehen:
"Sie wissen, was für große Dinge ich von der Sonne halte; das
Gleichnis ist also das Schönste, was ich von Ihrem Geschlechte nur
habe sagen können, und ich hab' es auf Unkosten des meinigen getan!"
(27.11.1788)
Damit will ich sagen: Wir haben ein bestimmtes Bild vom
Schillerschen Frauenbild, und Äußerungen wie die zitierten sind die
Ursache.
Schiller als Dichter holder Weiblichkeit, als Idealisierer des
,Gattin'-, des ,Hausfrau'-, des ,Mutter'-Typs - das ist indessen
eine einseitige Perspektive, eine eingeschränkte Wahrnehmung, die
Schillersche Dramenfrauen ausschließt, wie z.B. Johanna, Maria,
Elisabeth, Louise - allesamt keine idealen Gattinnen, Hausfrauen,
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